Schmerz verlangt, gespürt zu werden.
Das Herz rast. Die Hände werden feucht. Du nimmst das riesige Loch im Bauch wahr und weißt nicht, wie dieses je wieder verschlossen werden kann. Du hast einen Kloß im Hals, der dir nahezu das Atmen nimmt. Du weinst.
Ein jeder von uns hat sie erlebt, oder wird sie erleben. Eine Phase großer Trauer. Wir alle werden im Laufe unseres Lebens einen geliebten Menschen, ein geliebtes Tier oder jemanden verlieren, der uns etwas bedeutet. Wir verdrängen die Gedanken an den Verlust. Immer wieder.
Trifft uns diese Situation dann, so wissen wir nicht, wie wir mit dem Gefühl der Trauer umgehen sollen. Es fühlt sich endlos an. Der seelische Schmerz endet nicht. Und nun?
„Die Zeit heilt nicht alle Wunden, sie lehrt uns nur mit dem Unbegreiflichen zu leben.“
- Rainer Maria Rilke
Die Phasen der Trauer
Die erste Phase des Trauerns wird geprägt durch das Nicht-Wahrhaben-Wollen. Du verlierst jemanden und verstehst nicht, was passiert ist. In dieser Phase kommt es dazu, dass du den Verlust leugnest. Ein Gefühl der Ohnmacht verteilt sich in deinem Körper. Du fühlst dich hilflos. Auch, wenn du es nicht wahrhaben willst, solltest du in dieser Phase der Trauer jemanden bei dir haben. Zuerst wird es sich befremdlich anfühlen, weil du genau weißt, dass diese Person nichts an der bestehenden Situation ändern kann. Aber du darfst dich nicht verlieren. Diese Person kann für dich da sein und dafür sorgen, dass du dich nicht allein fühlst.
In der zweiten Phase der Trauer bestimmen starke aufbrechende Emotionen deinen Alltag. Das sind vor allem Wut, Schmerz, Zorn und auch Schuldgefühle. Es ist wichtig, dass du weißt, dass jedes dieser Gefühle seine Berechtigung hat. Du musst dich dafür nicht schämen. Und vor allem: Fühle! Lass die Gefühle zu und leb sie aus. Fühl dich nicht unterdrückt von deinem bisherigen Alltag. Jede/r kann wissen, in welcher Situation du dich befindest und jede/r sollte dafür Verständnis haben.
Die dritte Phase des Trauerns ist die Phase des Suchens und Sich-Trennens. In dieser Phase wirst du dich erstmals konkret mit dem Verlust und dem Tod auseinandersetzen. Du hast das Verlangen, Orte zu besuchen, die EUCH geprägt haben. Vielleicht wirst du die Grabstätte aufsuchen und dir Gedanken von der Seele reden. Das ist wichtig und richtig, denn oft bleiben viele Dinge unausgesprochen, wenn dich ein Schicksalsschlag trifft.
In der vierten Phase findest du einen neuen Bezug zu dir und der Welt. Du hast deinen Verlust nun akzeptiert. Das Klassische „Das Leben geht weiter.“ tritt ein. Du machst Pläne, welche ohne die/den Verstorbene/n stattfinden werden. Schlicht, weil sie es müssen. Eine Erinnerung an die Zeit vor dem Verlust kann dich erden, kann dir aber ebenso wehtun. Vermutlich für immer. Aber das ist etwas Positives. Der Mensch, das Tier oder die dir wichtige Person, welche du verloren hast, war ein großer Teil von dir und hat in dir eine Menge ausgelöst. Und das wird sie auch weiterhin. Für immer.
Diese Phasen müssen nicht genauso ablaufen. Wir alle sind unterschiedlich. Und genauso laufen auch die Phasen der Trauer ab. Jede/r trauert anders. Jede/r trauert für sich. Und das ist vollkommen in Ordnung.
Tipps zur Trauerbewältigung
Schaffe Orte der Trauer.
Dies kann die Grabstätte sein, muss aber nicht. Schaffe Orte, an denen du der/dem Verstorbenen nah sein kannst. Orte, die sich für dich gut anfühlen. An denen du dich geborgen fühlst und wo du dir bewusst Zeit nehmen kannst, den Schmerz zu fühlen. Es muss aber nicht nur Schmerz sein, den du fühlst. Du kannst an alte Zeiten denken und dankbar sein für viele gemeinsame Jahre des Zusammen-Seins. Genauso kannst du dir die Anwesenheit der/des Verlorenen vorstellen. Es ist ok. ALLES ist ok. Dies ist dein Raum. Hier kannst du Gefühle zulassen und du sein.
Sei kreativ.
Ja, auch das kann dir helfen, deine Trauer zu bewältigen! Du kannst deine Emotionen mit kreativem Arbeiten zu lassen. Schreib Briefe oder ein Tagebuch. Mal ein Bild, was widerspiegelt, wie du dich fühlst. Erstelle Collagen, die an vergangene Zeiten erinnern. Stell Schmuckstücke her, die für immer ein Erinnerungsstück bleiben. All diese Dinge helfen dir nicht nur im Moment, sie werden auch später einmal an diese Zeit erinnern. Denn wie Glück, so ist auch Trauer ein Teil des Lebens. Hast du diesen Schicksalsschlag einmal verarbeitet, so kannst du stolz auf dich sein. Du hast eine schwere Zeit hinter dir gelassen und du bist noch da.
Gib dir Zeit.
Leider gibt es keine Zeitangabe, wann diese Phase des Lebens vorübergehen wird. Wenn du dennoch achtsam bist, wirst du merken, wann es besser wird. Der Abstand zwischen Phasen, in denen du traurig bist, wird größer. Die Welt wird wieder farbiger. Emotionen wie Freude, Glück und Liebe fühlen sich auch wieder wie diese an. Du fühlst wieder. Das Atmen fällt nicht mehr so schwer und du merkst, dass das Loch in deinem Bauch beginnt, kleiner zu werden. Oft und lange sehnen wir diesen Zustand herbei. Trauern ist anstrengend. Es ist Arbeit. Aber es wird vorübergehen. Die Trauer wird gehen und was bleibt, sind Liebe und Erinnerungen.
Geschrieben von Anna
Literaturverzeichnis:
Unbekannt (o.D.): Trauerarbeit & Trauerphasen. Online unter: https://www.bestatter.de/wissen/trauerhilfe-und-trauerbewaeltigung/trauerarbeit/ Letzter Zugriff: 26.04.2023.
Unbekannt (2017): Trauer und Verlust verarbeiten: Wege aus der Trauer. Online unter: https://www.herder.de/leben/lebensberatung-und-psychologie/trauer-verarbeiten/; Stand: 03.04.2017 Letzter Zugriff: 26.04.2023.