Mit Achtsamkeit gegen Herzschmerz
Liebe ist eines der kompliziertesten Konzepte der Welt. Seit den ersten Anfängen der Kultur haben sich sie und ihre Ausdrucksformen (Ehe, Beziehungen, Flirten, Dating usw.) massiv gewandelt. Heutzutage variieren sie nicht nur von Land zu Land, sondern auch von Generation zu Generation und nicht selten auch mal von Freundeskreis zu Freundeskreis: Ab wann man zusammen ist, wie man eine Beziehung am besten führt, was überhaupt als Beziehung zählt, aber auch, wann sie aufhört, und wie man damit am besten umgeht.
Das Ende einer Liebesbeziehung, wie auch immer gestaltet, ist fast immer eine kleine Katastrophe für die Beteiligten, egal aus welchem Grund und wie einvernehmlich sie stattfand. Schöne Erinnerungen verwandeln sich in schmerzhafte. Man verliert damit verbundene Freunde oder den Spaß an ehemals gemeinsamen Aktivitäten. Das Lieblingscafé bleibt mental mit der verlorenen Person verknüpft. Wie weitermachen, wenn man sich aus den Trümmern des gemeinsamen Lebens ein neues, eigenes aufbauen muss?
Liebe ist Chemie
Ein gebrochenes Herz ist kein abstraktes psychisches Konstrukt, wie alle Gefühle und andere Traumata haben sie eine physiologische Basis. Beim Verlust einer sozialen Beziehung, wenn wir uns ausgeschlossen und einsam fühlen (was beides bei Herzschmerz ja der Fall ist) reagiert dieselbe Hirnregion, der anteriore cinguläre Cortex, wie bei physischem Schmerz – er und emotionaler Schmerz liegen also nicht weit auseinander. Bei der Beobachtung von Primaten wurde entdeckt, dass die Trennung eine Stressreaktion des Körpers (Ausschüttung von Cortisol und Senkung des Norepinephrin-Spiegels) hervorruft, welche Menschen wahrscheinlich teilen und die uns den psychischen Schmerz wie körperlichen wahrnehmen lässt. Dies hat vermutlich evolutionäre Gründe, da soziale Verbindungen und gegenseitige Unterstützung für das Überleben von Vorteil waren [1].
Den Schmerz lindern mit Achtsamkeit
Jedes Individuum geht mit Schmerz anders um, und jede Beziehung zwischen zwei (oder mehreren!) Individuen ist eine ziemlich einzigartige Sache. Eine pauschale Aussage über den Umgang mit dem Ende einer solchen persönlichen Beziehung und dem daraus resultierenden Schmerz ist daher sehr schwer zu treffen. Die gute Nachricht: Über jemanden hinwegzukommen ist nicht gerade Quantenphysik! Unter Zuhilfenahme dieser Tipps und Achtsamkeit wird das Beziehungsende vielleicht nicht angenehmer, aber das Heilen kann etwas leichter und schneller von der Hand gehen.
Das Wichtigste zuerst: Wie bei einer körperlichen Verletzung ist es auch bei psychischen sinnvoll, sich vom Auslöser möglichst fernzuhalten – wenn du dich an der Herdplatte verbrennst, fass nicht nochmal drauf . Genauso solltest du darauf achten, nach der Trennung Abstand zu der Person zu halten. Es muss kein kompletter Kontaktabbruch sein, aber eine gewisse Zeit ohne gemeinsame Aktivitäten ist sinnvoll, um emotional Abstand zu gewinnen und mit der Sache abschließen zu können. Das bedeutet auch, der Person auf Social Media zu entfolgen. Nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. [2]
Auch der weitere Umgang mit dem Menschen, von dem wir uns getrennt hat, ist für unsere Heilung entscheidend. Denn oft genug ist dieser Mensch mit unseren Freundeskreisen verwoben, arbeitet mit uns im selben Café oder geht gern in dasselbe Restaurant. Natürlich können wir den Kontakt in vielen Fällen abbrechen, aber in vielen (anderen) Fällen ist das nicht so einfach. Hier gilt: Auf sich hören. Wenn ihr weiter befreundet sein möchtet, ist das manchmal nicht leicht, je nach Trennungsgrund aber kein Ding der Unmöglichkeit. Klare Grenzen (mit dem Menschen nichts tun, was man mit FreundInnen nicht tun würde, z.B. in einem Bett schlafen) [3] und offene Kommunikation darüber, was man voneinander erwartet, wie man mit Treffen am besten umgeht. Man weiß nie was die Zukunft bringt, aber wenn man darüber spricht wie man sich die Zukunft miteinander vorstellt fällt es wesentlich leichter, auf gesunde Weise weiter zu koexistieren.
Ein Break-Up kann extreme Gefühle in einem Menschen hochkommen lassen, vor allem Trauer und Wut. Mit diesen sollte achtsam umgegangen werden, denn die Linie zwischen Gefühlen zulassen und sich in ihnen zu suhlen ist manchmal dünner als man denkt. In den Emotionen zu verharren und sich von ihnen beherrschen zu lassen kann ähnlich ungesund sein wie sie zu unterdrücken. Selbst im besten Fall der Fälle hilft es dir nicht weiter. Wenn du das Bedürfnis zu weinen verspürst – tu es. Traurige Musik kann dabei sehr hilfreich sein, und nicht nur hier: Musik kann ein essenzieller Teil des Trauerprozesses sein, weil wir manchmal Probleme haben, unsere komplexen Gefühle und Gedanken in Wörter zu übersetzen und sich über sie klar zu werden. Die Lyrics der Lieder können uns helfen sie gezielter zu be- und verarbeiten. Die Gefühle aufzuschreiben oder einen Brief an die Person zu verfassen (ohne ihn abzuschicken) kann einen ähnlichen Effekt haben. [3]
Unsere Bedürfnisse zu ehren und ihnen zu folgen ist ohnehin das Beste was wir tun können. Wenn du spürst dass es dir zuviel wird, ist es völlig in Ordnung sich abzulenken, vielleicht diesmal mit positiver Musik, oder einem Film oder einer Serie. Mit Menschen aus deinem Support System (also deinem engen sozialen Umfeld, von denen du dich verstanden und unterstützt fühlst) über die Ereignisse und das eigenen Gefühlsleben zu sprechen kann sehr gut tun, zudem haben sie nicht selten ähnliche Erfahrungen gemacht, sodass sie unseren Schmerz teilen und uns mit Ratschlägen zur Seite stehen können. Solange man niemanden dabei ausnutzt oder verletzt, ist es auch akzeptabel sich wieder ins Datingleben zu stürzen. Und es ist auch okay, von allem etwas Abstand und sich Zeit für sich selbst zu nehmen, in Ruhe zu trauern und Dinge zu tun, die einem gut tun. Sei für dich da wie für einen guten Freund oder eine gute Freundin. Auch eine Therapie kann nicht schaden.
Niemand von uns hat jetzt schon alle Menschen getroffen, die sie auf irgendeine Weise lieben werden. Auch wenn es sich anfühlt wie ein Weltuntergang, die Sonne wird wieder aufgehen und wir können neu anfangen.
Geschrieben von Flo
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